Liebeserklärung an eine Stadt

Bevor ich nun in etwas mehr als einer Woche zur Kreuzband-OP muss, sollte, oder besser durfte ich – ärztlich verordnet! 😉 – noch meine Enkelin kennen lernen.

Fast exakt einen Monat nach meiner letzten Tour fuhr ich nun die gleiche Strecke. Damals aber noch mit gesundem Knie und neben dem Weihnachtsfest auch noch mit drei wunderschönen Urlaubstagen vor mir. Ich genoss nun die Fahrt erneut und die Zeit mit den Kindern.

Auf dem Rückweg war ich noch in meiner Heimatstadt Meiningen. Neben den umsorgten Stunden im Elternhaus nutzte ich die Zeit, um wieder einmal „ins Städtele“ zu gehen. Meiningen ist einfach eine tolle Stadt! Und trotz der winterlichen Tristesse weitet sich das Herz beim Anblick so mancher Gebäude.

Georgstraße mit Blick zur evangelischen Stadtkirche auf dem Markt

Meiningen ist bereits über 1030 Jahre alt. Sie war einst das Tor zu Franken und gehört auch sprachlich zum fränkischen Sprachraum. Auch die Mentalität der „Mäninger“ ist fränkisch geprägt. Für mich bedeutet das immer wieder eine besondere Freundlichkeit und Herzlichkeit. Man fühlt sich einfach herzlich Willkommen und regelrecht geborgen. Wie sagte schon der Geograph und Historiker Georg Brückner 1853: „Die Grundzüge der Meininger sind ursprünglich Gutmütigkeit, häuslich geselliger Sinn und herzlicher Spott über alles Stolze und Hohle ….

Meiningen selbst ist sehr stark geprägt von seiner Geschichte als Hauptstadt und Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Meiningen – bis in das 20. Jahrhundert hinein! Viele klassizistische Bauwerke, die historische Altstadt mit vielen Fachwerkhäusern und Bürgerhäusern, aber auch Stadtbereiche, die mit verschiedenen Baustilen gemixt erbaut wurden, prägen diese Stadt, die derzeit über 21.000 Einwohner hat.

Die Stadt ist einst international bekannt geworden durch die tiefgreifende Theaterreform des Herzogs Georg II. Außerdem war die „Meininger Hofkapelle“ unter der Leitung von Hans von Bülow zu einem europäischen Eliteorchester gereift. Auch Johannes Brahms, Richard Wagner, Max Reger und Richard Strauss arbeiteten eng und oft mit der Hofkapelle zusammen und wohnten zum Teil längere Zeit in Meiningen.

Richard Wagner schrieb 1877 in einer Widmung an Georg II.: „Es gibt viele Meinungen, aber nur ein Meiningen. Viele über mich herzogen, ich kenne nur einen Herzog.“

Herzog Georg II., der sogenannte Theaterherzog, war nicht nur Mäzen dieser kulturellen Einrichtungen, er ließ nach einem Brand auch ein  wunderschönes neues Theater erbauen. Es wurde 1909 eröffnet. Ich persönlich sehe dieses Theater immer als „kleine Schwester“ der Staatsoper Berlin an. Es ist ähnlich gebaut und ähnlich prunkvoll im Innern – nur eben etwas kleiner. Eine besondere Inschrift im Giebel zeigte die Verbundenheit des Herzogs Georg II. mit den Einwohnern der Stadt: „Dem Volke zur Freude und Erhebung“ prangt noch heute in großen Lettern über den Säulen des Eingangsportals.

Das Meininger Staatstheater

Überhaupt ist Meiningen eine sehr große Kulturstadt. Bedeutende Künstler lebten hier und drückten Meiningen einen Stempel auf, der noch heute zu spüren ist.

Mich persönlich begeistern in dieser Stadt immer die besonderen Häuser. So zum Beispiel das „Schlundhaus“. Diese Gaststätte direkt am Markt gelegen hat seine besondere Geschichte.

Die Gaststätte Schlundhaus

Nach einer Sage kostete die heidnische Göttin Frau Holle in der Gastwirtschaft „Schlundhaus“ den Meininger Wein. Dieser war aber so sauer, dass sie erbost alle Reben erfrieren ließ. Damit die Meininger nicht Hunger leiden müssen, übergab sie dem Bürgermeister das Rezept der Thüringer Klöße mitt dem strengen Spruch: „Hüt’ es!“. So kam der Kartoffelkloß zu seinen Meininger Namen „Hütes“.

Der Dichter Rudolf Baumbach schrieb später dazu „Das Lied der Hütes“. Der Kloß, angerichtet mit Braten, Rotkohl und reichlich Soße, entwickelte sich zur Leibspeise der Meininger und wird bis heute jeden Sonntag in vielen Haushalten zubereitet. Ich kenn das selbst auch noch. Es gab bei uns immer sonntags die Thüringer Klöße – und noch heute esse ich sehr gern die „Hütes“ mit Braten und viiiel Soße! 😉

Apropos Rudolf Baumbach. Er wohnte von 1846 bis 1905 in Meiningen und verfasste den Text zu einem sehr berühmt gewordenen Volkslied. Er textete das Lied „Hoch auf dem gelben Wagen“, das vor einigen Jahrzehnten Walter Scheel zu einem richtiggehenden Hit in den Charts machte.

Baumbachhaus

Der Name Rudolf Baumbach ist in Meiningen allgegenwärtig. Sein Wohnsitz ist heute unter dem Begriff „Baumbachhaus“ ein literaturhistorisches Museum. Das Wirken von Friedrich Schiller, Jean Paul und dem Märchendichter Ludwig Bechstein in der Stadt wird dort ebenfalls gewürdigt.
Der Leiter des Baumbachhauses ist übrigens ein früherer Klassenkamerad von mir und wir profitieren bei allen Klassentreffen von seinem reichhaltigen historischen Wissenschatz um die Stadt und ihre Persönlichkeiten.
Auch war ich bis zur 8. Klasse in der Schule, die den Namen „Rudolf Baumbach“ trug.

Rudolf-Baumbach-Schule - heute Volkshochschule

Geschichte des Gebäudes

liebevolle Details in der Stadt

In Meiningen gibt es einige besonders auffällige Gebäude.  Da ist zum einen die evangelische Stadtkirche mitten auf dem Marktplatz. Ihre Türme ragen 65 m hoch in den Himmel. Sie ist umgeben von Stadtvillen und alten Fachwerkhäusern die liebevoll restauriert wurden und davor steht mitten auf dem Platz ein schöner Brunnen.

evangelische Stadtkirche  Brunnen auf dem Marktplatz

Ein weiteres auffälliges Gebäude ist das Schloss Elisabethenburg. Es wurde gebaut wie ein „E“ und die beiden äußeren Flügel (der obere und der untere Strich vom E) wurden durch einen Rundbau verbunden.  Dort wohnte die Herzogin Elisabeth und heute ist dort zum einen die Stadtverwaltung zu Hause, verschiedene Museen, das Standesamt und eine sehr gute Gaststätte, die Meininger Schlossstuben.

Schloss Elisabethenburg

Schloss Elisabethenburg

Gegenüber wurde der ehemalige Reitstall sehr aufwändig saniert und zum Theatermuseum umgebaut.

Theatermuseum

Das Hotel „Sächsischer Hof“,  das „erste Haus am Platze“ ist ebenfalls sehr schön restauriert und fällt jedem Besucher der Stadt sofort auf, weil man unwillkürlich daran vorbei fährt.

Hotel Sächsischer Hof

Mich faszinieren aber auch andere Bauten. So schaute ich beispielsweise in das Große Palais hinein, das früher im 19. Jahrhundert der Palast der Herzöge war. Heute haben sich dort Ärzte und Anwälte niedergelassen.

Empfangshalle im Großen Palais

Die Bernhardstraße ist boulavardähnlich angelegt und wird neben dem Theater und dem Großen Palais von weiteren wundervollen Palästen und Bürgerhäusern gesäumt.

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Ich bin immer wieder glücklich, wenn ich diese wundervolle Stadt besuchen kann und das Flair dort genießen kann. Es ließe sich noch vieles berichten und zeigen. Davon aber vielleicht im Sommer mal mehr, wenn ich vor allem wieder besser „zu Fuß“ oder eher „zu Knie“ bin. Ein Ausflug zum Märchenschloss Landsberg ist dabei auch noch ein besonderes „Muss“, wenn man in der Stadt weilt.

Der Abend gehörte dann auch wieder unserem geliebten Rommé-Spiel. Es ist so herrlich, wie lustig wir dabei sein können und es letztendlich völlig egal ist, ob man gewinnt oder verliert. Der Spaß steht im Vordergrund und der Wettstreit. Ich wurde wie vor Wochen vor Weihnachten wieder mal total „abgezockt“. Das ist eigentlich ziemlich unüblich in unserer Runde, aber neuerdings habe ich eben mal Pech im Spiel. 😉

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