Alter Regierungsbunker im Ahrtal

Gleich mit Beginn des Seminars merkten wir, dass die Chemie in der Gruppe stimmte. Deshalb auch meine sofortige Frage, als wir beim Organisatorischen waren: Gibt’s auch eine Weinprobe? Klar, wenn wir das organisieren, dass genug zusammenkommen. Das sollte ja nun der geringste Aufwand sein.

Zunächst fuhr ich aber am Dienstagabend mit zum Bunker. Der ehemalige Regierungsbunker der Bundesregierung liegt mitten im Ahrtal. Im 19. Jahrhundert wurden Tunnel in die Berge getrieben, um die Bahnstrecke nach Frankreich für den Handel zu optimieren. Diese Bahnstrecke wurde jedoch niemals ausgebaut. Nach diversen Nutzungen – z.B. auch zur Champignonzucht, für Rüstungsfabriken und als Abschussrampen für Atomraketen – kam an auf die Idee, diese Tunnel zum Schutzbunker auszubauen.

20151013_175406_resizedDie Bevölkerung bekam nicht so recht was mit. Dienststelle Marienthal des THW – mehr war nicht bekannt. Und dass das THW immer mal Bauen übern musste… – naja, ich denke, dass logischen Denkern schon was schwante. Aber ehrlich, in Berlin gibt’s doch sowas bestimmt mittlerweile auch. Cleverer weise wurde solch ein Schutzbunker sicher gleich mit dem ganzen Um- und Ausbau der Regierungspaläste geplant und „nebenbei“ mit ausgebaut. Und da würde die Bevölkerung ja auch nichts ahnen und mitkriegen. Wer weiß, sind ja nur Vermutungen.

Jedenfalls ist der Bunker noch heute der Wahnsinn. Wenn ich mir vorstelle, dass der Bunker drei (!!!) km lang war und dort 3000 Leute nach einem Atomschlag 30 Tage lang ausgehalten hätten – es ist gar nicht so recht fassbar. Das Amüsante oder eher Makabere dabei: Diese 3000 Personen starke Regierung hätte im Atomschlag gar keine Bevölkerung mehr gehabt, die sie hätte regieren können! Und was wäre nach 30 Tagen gewesen? Jämmerliches Zugrundegehen? Da hätte doch Jeder ums Überleben gekämpft. Nur gut, dass es nie dazu kam und alle Horrorszenarien nicht weiter überlegt werden müssen.

20151013_193352_resizedAber hier noch ein paar Daten und Fakten zum ehemaligen Regierungsbunker der Bundesrepublik Deutschland:

Die gesamte Anlage wurde 1972 in Betrieb genommen. Für die drei km Tunnel gibt es vier Eingänge mit je zwei Toren, da insgesamt zwei Tunnel betroffen sind. Da die beiden jeweils zwei Zugänge haben, konnte man jeden Tunnel für sich abriegeln. Sicherheitshalber hat man noch einen 600 m langen Tunnel in 60 m Tiefe darunter als Verbindung der beiden Tunnel gebaut.

Die Tore sind riesige runde Teile. 3,70 m Durchmesser, 1,20 dick und jeweils 25 t schwer. Und diese Teile hatten eine Verschlusszeit von 10 Sekunden!

Die Wände sind aus drei bis sieben Meter dicken Stahlbeton, die Stirnwand ist sogar 13 m dick.

20151013_193449_resizedIm Bunker haben im Zweischicht-System 180 Arbeiter gearbeitet, die alles gewartet haben. Jeden Montag wurden zum Beispiel die Tore geöffnet und geschlossen und damit auf Funktionsfähigkeit geprüft. Bei Alarm wäre übrigens der Bunker innerhalb von 30 Millisekunden hermetisch abgeschlossen gewesen.

Alle zwei Jahre fand übrigens dort eine Übung statt, die maximal zwei Wochen dauerte. Das letzte Mal 1989.

Mit der Fertigstellung 1971 war die Bunkeranlage auf 17,3 km in verschiedenen Ebenen gewachsen und umfasste 897 Büros und 936 Schlafräume. Die Kosten der Unterhaltung betrugen 33 Millionen DM pro Jahr – und das bis 1997! Von 2002 bis 2007 erfolgte der Rückbau, der zwar mit 35 Mio. € veranschlagt war, durch die hohen Schrottpreise jedoch letztlich bei ca. 16,5 Mio. € lag.

20151013_190923_resizedDie Gesamtkosten für diesen Bau vermutet man um die 5 Mrd. DM.

Nach dem Rückbau sind noch 203 m der ehemaligen Anlage als Dokumentationsstätte erhalten. Wir haben letztlich noch ca. 1% des früheren Bunkers gesehen.

20151013_191630_resizedEs war alles ziemlich unvorstellbar – und das obwohl ich nun schon das zweite Mal dort war.

Hier auf dem Bild ist der rückgebaute Teil des Tunnels zu sehen.

Heute ist der Heimatverein „Alt-Ahrweiler“ Träger der Dokumentationsstätte, die im März 2008 als Museum eröffnet wurde.

Der Regierungsbunker im Ahrtal war das geheimste Bauwerk in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die Planungen gehen bis in das Jahr 1950 zurück.

Für mich ist es tragisch, dass ursprünglich alles aus dem Bunker verjubelt wurde und heute bettelt sich der Verein einige Sachen wieder zurück, um sie museal auszustellen. Solch ein Zeugnis der Geschichte darf man nicht einfach totschweigen. Ich finde es toll, dass man dort hineingehen kann und sich die Bedingungen anschauen kann.

Verblüffend für mich war auch, dass der Bundespräsident (siehe Foto unten) und der Bundeskanzler sehr, sehr einfach hätten logieren müssen. Das Ganze ist ja noch nicht mal 20 Jahre her, dass die Betriebsfähigkeit abgeschafft wurde. Da wird einem erst einmal bewusst, wie rasant die Entwicklung in den letzten Jahren fortgeschritten ist und wie modern heute alles ist.

20151013_191143_resizedUnser Abend endete wie auch am Montag im AKNZ-Kneipchen. Dort isses eigentlich weder gemütlich noch besonders schön. Aber irgendwie zieht es alle Seminarteilnehmer immer wieder dort rein. Die Getränke sind äußerst preiswert und man trifft sich halt dort und schwatzt miteinander.

Das trifft ja eigentlich auf die ganze AKNZ zu. Die Zimmer sind äußerst einfach und klein, kein Fernseher, kein Radio, kein Wecker, kein Föhn. Nur Schrank, Bett, Schreibtisch, Stuhl und ein kleines Duschbad. Diesmal hatte ich ein extrem kleines Zimmer und nicht mal mit Teppichboden ausgelegt. Aber man braucht ja auch nicht mehr. Ich brauchs ja eh nur zum Schlafen, Duschen und zur Ablage der persönlichen Sachen.

Dafür sind eben die Seminare echt professionell und Spitze. Und die Teilnehmer dazu, die sich alle irgendwo ehrenamtlich engagieren. Das verbindet, das bringt Atmosphäre in die Gruppen. Deshalb strahlen auch immer wieder die Augen von (ehemaligen) Teilnehmern, wenn man nur allein das Wort Ahrweiler in den Mund nimmt. Auch mir geht es so. Und ich bin diesmal bereits das achte Mal dort!

Auch der Ort Ahrweiler hat eine wunderschöne Innenstadt.

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