Komm ich jetzt ins Fernsehen?

Wer kennt diesen Spruch von Ingolf Lück nicht. Als Herr Görgen wurde er in der Sendung RTL Samstag Nacht immer von Bastian Bastewka interviewt und am Ende kam immer in ganz naiver Weise dieser Spruch.

Am Samstagvormittag kam dann dieser Spruch amüsanterweise wieder mal ins Gedächtnis. Grund war ein Besuch beim WDR. Ich hatte das Glück, eine Führung durch die zweitgrößte Sendeanstalt Europas zu bekommen. Ja, das soll wohl so stimmen. Die BBC ist die größte Anstalt Europas, der WDR noch weit vor dem ZDF. Hintergrund ist, dass die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, kurz ARD, aus neun Landesrundfunkanstalten besteht und der WDR 23 % aller Sendungen der ARD produziert. Und das Ganze mit 4500 festangestellten Mitarbeitern und 10-15.000 freien Mitarbeitern jährlich.

Die Dimension der Gebäude in der Innenstadt von Köln ist riesig. Es gibt 16 Innenstadtgebäude, durch die man ca. 350 m laufen könne, ohne einmal hinaus gehen zu müssen.Die Führung beginnt in einem 60-ger-Jahre-Bau. Er durfte einst zwar nur vier Etagen in die Höhe gebaut werden, da in der „Bannmeile“ um den Dom auch heute noch nicht höher gebaut werden darf. Dafür geht es fünf Untergeschosse in den Boden rein.
In den vielen Gebäuden des WDR befinden sich unter anderem mehrere Studios, in denen Fernsehsendungen produziert werden, aber auch das Funkhaus für die Radiomacher.

Aber der Reihe nach. Mit Nadja Paul hatten wir eine erfrischend erklärende und kompetente Mitarbeiterin, die uns in die verschiedenen Studios führte und interessante Einblicke in das Innenleben so eines Fernsehsenders gab.

Green screen Studio

Ins Auge stach zunächst das Green Screen Studio. Boden und Wände waren mit einer quietschgrünen Plastik ausgekleidet, darin dann Moderationstisch, unendlich viele Scheinwerfer und große Studiokameras. Die grüne Farbe dient als Projektionsfläche. Mit optischen Mitteln werden die Böden und Wände in die verschiedenen Studios verwandelt. Der Moderator sieht nichts davon, die Optik des Studios wird am Computer gebaut. Der Moderator kann jedoch auf einen entsprechenden Bildschirm schauen, der ihm das Endergebnis der Sendung anzeigt.
Die Farbe grün wurde hier willkürlich gewählt, es hätte auch blau oder rot sein können. Allerdings hat sich grün durchgesetzt, da diese Farbe nicht so häufig für die Garderobe genutzt wird. Denn bei der optischen Ausgestaltung des Raumes mit Lichteffekten wird das grün immer weg retuschiert. Nicht auszudenken, was passiert, wenn der Moderator eine grüne Bluse oder Hemd anhat.

Etwas entzaubert wird das Ganze dadurch, dass an der Seite des Raumes eine Menge Computertechnik steht und während der Aufzeichnungen der Aufnahmeleiter, mehrere Tontechniker, Beleuchter, Teleprompter-Steuerer und auch der Brandschutzverantwortliche rumwuselt. Die vielen Scheinwerfer geben nicht nur viel Licht, sondern auch noch viel Wärme ab.

Genutzt wird dieses Studio zum Beispiel für die Produktion des Weltspiegels und der Sendung Brennpunkt.

Auf die Frage, wie der Wetterfrosch das Wetter zeigen kann, ohne dass der Moderator weiß, wo eigentlich die die genauen Angaben auf der Wetterkarte zu sehen sind, gibt es eine verblüffende Antwort. Der Moderator nutzt kleine Hilfsmittel, wie z. B. kleine grüne Stecknadeln, die er sich als Anhaltspunkte in eine extra gespannte grüne Decke steckt und er dann entsprechend auf die markierten Punkte zeigen kann.

Unser Weg geht 16 Meter unter die Erde in das vierte Untergeschoss. Dort sind mehrere Studios, unter anderem das Studio A, in dem der Presseclub Sonntagmittag übertragen wird.

Studio für den Presseclub

In diesem Studio gibt es eine schöne Skyline von Köln, alles im Halbrund angeordnet. Auch der Tisch ist rund. Damit wird Weite suggeriert. Überhaupt, es gibt in den Studios keine Ecken oder eckigen Tische. Damit wird alles optisch größer und offener. Da der Presseclub eine Livesendung ist, wird sogar der Himmel über dem Köln-Panorama entsprechend angepasst. Bei schlechtem Wetter leuchtet er eben nicht blau sondern wird entsprechend eingefärbt.

Und noch etwas lerne ich. Live-Sendungen sind wirklich live. Die Aufnahmen werden lediglich in die Regie gegeben und von dort aus in den Äther über Satellit gesendet. Damit kommt das Bild mit maximal drei Sekunden Verzögerung bei uns an. Aber es gibt auch noch die Live-Aufzeichnung. Das ist eigentlich auch live. Die Sendung wird unbearbeitet und ungeschnitten gesendet. Ggf. eben ein paar Stunden später, wie der Kölner Treff. Der wird bereits 18:00 Uhr aufgezeichnet. Die Begründungen sind logisch. Da die Sendung erst 22:00 Uhr über den Äther flimmert, will man diese späte Zeit den Gästen nicht antun. Auch ist der Nach-Hause-Weg nach Mitternacht etwas problematisch.

Lediglich die Aufzeichnung ist eine zusammengeschnittene Sendung.

Das Pressetreff-Studio ist echt eine Augenweide, auch sehr fotogen.

Komm ich jetzt ins Fernsehen? 😉

Im benachbarten Studio finden wir eine sehr einfache Situation vor. Die Kulissen werden je nach Sendung vorher eingeräumt und dekoriert, es ist kleinteilig und für die verschiedenen Sendungen, wie das Morgenmagazin oder Hier und heute wird nur jeweils wenig Platz gebraucht. Zum Beispiel gibt es auch eine Küchenzeile, die dann einfach ins Rampenlicht geschoben wird. Immerhin wird in vielen Sendungen, zum Beispiel im Morgenmagazin, immer mal gekocht.

Für mich war verblüffend, wie viele Scheinwerfer so am „Himmel“ hängen. In diesem schlichten Studio gibt es über 200 Stück, überwiegend mit Halogen, manchmal auch mit LEDs. Für jeden Moderationspunkt wird vor jeder Sendung für den Moderator das Licht eingestellt. Jedes Mal sind vier Scheinwerfer notwendig, um den Moderator richtig auszuleuchten. Da sieht man natürlich jede kleine Unebenheit der Haut. Deshalb werden die Akteure vor der Kamera auch besonders geschminkt. Dicke Schminkpaste aufs Gesicht – die nimmt jede Falte weg! 😉 Und darauf entsprechendes Puder, damit man ja keinen Schweiß sieht und kein glänzendes Gesicht hat. Die Kosmetikerinnen müssen sogar darauf achten, dass Arme und Dekolletee ebenfalls geschminkt werden, damit kein Unterschied zu sehen ist.

ca. 200 Scheinwerfer in einem Studio

Übrigens bekommen die Moderatoren ihr Outfit komplett vorgegeben. Frisur, Schminke, Garderobe – alles wird durch entsprechende Stylisten vorbereitet. Auch ist es keine private Garderobe, die vor der Kamera getragen wird. Alles wird vorher licht- und farbtechnisch abgestimmt.

Dann kommen wir gegenüber ins Studio B. Dort wird das Flaggschiff des Senders produziert und ist auch die teuerste Sendung, die Sportschau. Wieder ist alles halbrund gebaut. An einer Sendung sind ca. 250 Mitarbeiter beteiligt. Es gibt dort 42 Moderationspunkte – entsprechend viele Scheinwerfer hängen von der Decke. Das Besondere sind aber die großen LED-Wände im Hintergrund. Drei LED-Wandteile, insgesamt 44 m² groß, Kosten dafür: 13 Millionen Euro. Sie sind gemietet, dazu kamen jedoch keine Aussagen, wie viel das so kostet.

Sportstudio der ARD

Durch die vielen Scheinwerfer, bei denen einer ca. 2000 Watt hat, entsteht eine unglaubliche Hitze in den Studios. Das Sportstudio zum Beispiel wird ab 16:00 Uhr auf ca. 18° C runter gekühlt, damit es bis zum Sendungsbeginn erträgliche Temperaturen gibt. Dennoch wir des für die Moderatoren immer noch richtig warm.

Das Studio wird doppelt genutzt, jedoch nur auf der Fläche gegenüber für Hart aber Fair. Zuschauertribünen und Kulissen dafür sind zusammenschoben und stehen ganz unspektakulär gegenüber dem Moderationstisch vom Sportstudio.

Studiokamera im WErt von 250.000 €

In jedem Studio stehen mehrere Studiokameras, mindestens drei müssen es bei jeder Aufzeichnung sein. Oft sind die Kameras mit Telepromptern (englisch für Souffleuse) ausgerüstet, damit der Nachrichtensprecher, Moderator oder wer auch immer vor der Kamera sicherheitshalber seinen Text noch einmal sieht. Durch eine besondere Bauweise läuft der Text genau hinter der Kamera, sodass der Moderator lesen kann und dennoch in die Kamera schaut. Moderationskärtchen sind in einigen Sendungen eigentlich nur Alibi. Bei anderen Sendungen gibt es nur die Karten und keinen Teleprompter. Das vor allem bei Spontansendungen.

Übrigens kostet so eine Studiokamera mindestens 200.000 Euro, meist aber ca. 250.000 €. Das sind jedoch nur die Werte, die vordergründig sichtbar sind. Hinter einer Fernsehproduktion steht unglaublich mehr Technik, die sicher nicht weniger teuer ist.

Die faszinierende Welt des Fernsehens kann ganz schön ernüchternd sein, dafür aber auch interessant und verblüffend. Vier Etagen höher und ein Haus weiter kommen wir in das Funkhaus und tauchen in die Welt des Radios ein. Dazu mehr im nächsten Beitrag.

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